„Debatten und Träume“, Vorwort von Leon Widecki

Leon Zelman s. A., geboren 1928 in Polen, wurde als 12jähriges Kind mit seiner Familie in das Ghetto Łódź deportiert, wo er seine Eltern verlor. 1944 wurden er und sein Bruder in das KZ Auschwitz überführt, wo auch sein Bruder ums Leben kam. Er selbst ist in das KZ Ebensee, ein Außenlager des KZ Mauthausen überstellt worden, das am 6. Mai 1945 befreit wurde.

Wien, 1951. Seit dem Sieg über Hitler-Deutschland und seine Alliierten sind gerade einmal sechs Jahre vergangen. Von der einst blühenden jüdischen Gemeinde der Stadt mit fast 200.000 Menschen sind nur einige wenige tausend übrig geblieben Die allermeisten wurden ermordet oder vertrieben und enteignet. Der Holocaust-Überlebende Zelman steht vor dem Abschluss seines Publizistik-Studiums und gründet unter der Mitwirkung seiner Studienkolleg/innen Rita Koch, Otto Kahn, Kurt Weigel und Iszek Merdinger ein kleines Mitteilungsblatt der Jüdischen Hochschüler. Sie nennen es „Das Jüdische Echo“. Unbequem, teilweise polemisch, gegen Assimilation auftretend und um ein eigenständiges, selbstbewusstes Judentum bemüht, so beschreibt Zelman die Blattlinie. (vgl. „Leben nach dem Überleben“, A. Thurnher S150/151). Über die Jahre entwickelte sich Das Jüdische Echo zu einer international beachteten Zeitschrift, die sich als Sprachrohr eines lebendigen, facettenreichen Judentums versteht und als ein Europäisches Forum für Kultur und Politik.

Nur wenige Publikationen Österreichs können auf eine 70-jährige Tradition verweisen. Bis auf 2020, als wegen der Corona-Pandemie keine Ausgabe produziert werden konnte, ist jedes Jahr ein Jüdisches Echo erschienen. Leon Zelman fungierte bis zu seinem Ableben im Jahre 2007 als Herausgeber und Chefredakteur. Seine Agenden übernahm Alexander Friedmann, der Das Jüdische Echo 2007/08 dem Leben und Wirken Zelmans widmete.

Nachdem Friedmann im Jahr darauf frühzeitig verstarb, gründete sich 2008 ein Herausgeberverein, mit mir als Obmann, Ari Rath s. A. als Obmann-Stellvertreter und Susanne Trauneck als operativer Leiterin. Unser Verein hat Marta S. Halpert  als Chefredakteurin engagiert, Erhard Stackl folgte ihr in 2014. Das Jüdische Echo 2019/20 zum Thema „Starke Frauenstimmen“ hat redaktionell Anna Goldenberg als Co-Chefredakteurin mitgestaltet.

Für die Ihnen vorliegende Jubiläumsaugabe „70 Jahre Jüdisches Echo“ ist es uns gelungen, die renommierte Historikerin und Publizistin Evelyn Adunka für die inhaltliche Gestaltung zu gewinnen. Sie ist unserer Publikation eng verbunden und hat bereits etliche Beiträge verfasst, darunter einen zum 50-jährigen Jubiläum des Jüdischen Echo (siehe Seite…). Frau Adunka lässt hervorragende Artikel aus bisher erschienen Ausgaben Revue passieren, von Autor/innen wie Georg Eisler, Hilde Spiel, Elie Wiesel, Peter Stephan Jungk, Helene Maimann, Amoz Oz, Doron Rabinovici, Vladimir Vertlieb, Alexia Weiss, Peter Huemer und vielen mehr.

Das Jüdische Echo entsteht im engen Zusammenwirken mit dem Falter-Verlag, der unsere Zeitschrift produziert und vertreibt. Dem Geschäftsführer Siegmar Schlager und seinem Team sei an dieser Stelle für die langjährige hervorragende Zusammenarbeit ausdrücklich gedankt.

Mein Dank gilt auch all jenen Unternehmen, Institutionen, Ministerien und der Stadt Wien, welche die Wertigkeit und Bedeutung unserer kleinen, aber umso feineren Jahrespublikation erkennen und die mit Ihren Inseraten, Ankäufen und Förderungen den Fortbestand des Jüdischen Echo gewährleisten. Jetzt und hoffentlich auch die nächsten 70 Jahre.

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